Eine neue Generation entdeckt die Waldwirtschaft
Italien gilt gemeinhin eher als Kulturnation, denn als Waldstandort. Dennoch sind in den letzten 80 Jahren in Italien erstaunlich viele neue Wälder entstanden. 1936 wurden 6,1 Mio Hektar von Bäumen bedeckt, das sind 19,4% des Landes. 2018 waren es 11,9 Mio Hektar, 38,6% der Landfläche. Pro Minute wächst der italienische Wald um 800 m².
Grund für die Ausweitung der Wälder ist der Rückgang der Landwirtschaft. In den letzten 100 Jahren haben immer mehr kleine und mittlere Betriebe die Landwirtschaft aufgegeben, insbesondere in bergigen Regionen. Auf den brachliegenden Anbauflächen macht sich nun Wald breit.
Lange Zeit geschah dies weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit. Das Wachstum der Wälder war ja nicht gezielt herbeigeführt worden, sondern Folge des Strukturwandels in der landwirtschaft. Ein Nebenprodukt, sozusagen. Ein schleichendes noch dazu.
Die Süddeutsche Zeitung berichtet nun über einen Gesinnungswandel in Italien. Nachdem der Orkan Vaia im Oktober 2018 am südlichen Alpenrand 42 Mio Bäume gefällt hatte, wurde das wirtschaftliche, aber auch das klima- und siedlungsschützende Potenzial des Waldes entdeckt.
Denn obwohl nach dem Sturm 8,5 Mio m³ Schadholz zur Verfügung standen, war die italienische Forstwirtschaft nicht in der Lage, die Hölzer zu verwerten. Es fehlte ganz einfach an Maschinen, Forstarbeitern, Infrastruktur.
Und obwohl Italien inzwischen ein waldreiches Land ist, importiert es immer noch 80% seines Holzbedarfs, jährlich ca. 3 Milliarden Euro. Mit 6 Mio. m³ pro Jahr ist Italien zweitgrößter Importeur von Holz und Holzprodukten in Europa, 70% davon werden aus Österreich eingeführt, wo die Einschlagquote mehr als 60% beträgt. In Italien sind es lediglich 30%.
Doch inzwischen wurde erkannt, dass es sich lohnt, diese Potenziale zu nutzen und in eine leistungsfähige Forstwirtschaft zu investieren.
Dieser neu eingeschlagene Weg stellt sich in der Pandemie als richtig heraus. Weltweit stieg die Nachfrage nach Hölzern enorm an, die Preise schwankten, plötzlich herrschte ein bislang eher unbekannter Mangel. Die Abhängigkeit von Importen stellt(e) sich immer stärker als Nadelöhr für die Wirtschaft heraus. Nicht nur in Italien.
In Italien aber scheint man die Vorteile einheimischer Forstwirtschaft inzwischen schätzen gelernt zu haben: "Wir haben kapiert", wird Angelo Luigi Marchetti, Chef des Holzverbands Assolegno von der Süddeutschen Zeitung zitiert, "dass Untätigkeit uns nicht schützt."
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