In den letzten Jahren kam es zu einer explosionsartigen Vermehrung von holzschädigenden Insekten, vor allem Borkenkäfern. Auch im Emsland.
Die Käfer schädigen Nadelhölzer, vorwiegend die Fichte (picea abies), die bei uns in großen Beständen angebaut wurde. In der Folge kam es zu Massenabsterben von Fichten in diesen Beständen.
Die Ursachen der Borkenkäferkatastrophe sind vielfältig, einige liegen weit entfernt, andere weit zurück. Neben klimatisch günstigen Bedingungen für die Vermehrung der Insekten (Klimawandel), ist vor allem die wirtschaftliche Entwicklung des Waldbaus dafür verantwortlich.
Seit über 40 Jahren ist die deutsche Forstwirtschaft defizitär, denn billige Holzimporte überfluten den hiesigen Markt. Als Folge wurden in den heimischen Wäldern Kosten reduziert, vorwiegend in der Bestandserhaltung und -pflege, weil sie nicht mehr finanzierbar waren. Waldarbeiter wurden entlassen, Forstämter neu organisiert, Strukturen "verschlankt".
Nach dem II Weltkrieg und nach dem Sturm "Quimburga" vom 13. November 1972 wurde vor allem Nadelholz, insbesondere die Fichte gepflanzt.
Die Fichte stammt ursprünglich aus höheren Lagen, sie liefert aber auch im Flachland sehr gutes Bauholz, das in den Nachkriegsjahren für den Wiederaufbau dringend benötigt wurde. Die Fichte ist die am meisten nachgefragte Baumart. Andere Nadelhölzer erzielten im Schnitt der Jahre wesentlich geringere Preise. Laubholz ist in der Masse noch weniger gefragt. Die Fichte ist der "Brotbaum" der Forstwirtschaft und - wie jede Nutzpflanze - anfällig für gewisse Schädlinge, in diesem Fall Borkenkäfer.
Der Anbau im Flachland war lange Zeit mit bewährten Techniken verknüpft, um das Borkenkäfer-Risiko zu vermeiden. So wurde jede befallene oder beschädigte Fichte im Winter gefällt, jede frisch gefällte Fichte direkt im Wald geschält und "Schlagabraum" (Äste und Kronenholz), in dem Käfer und Larven überleben könnten, weggeräumt.
Diese Arbeiten wurden in den letzten Jahren immer weniger durchgeführt. Einmal, weil die Kosten zu hoch waren, aber auch aufgrund von Forderungen, teilweise sogar staatlichen Anordnungen nach mehr Totholz im Wald, um Pilze und Insekten zu fördern. Der geplante ökologische Umbau des Waldes hat hier leider genau das Gegenteil von dem bewirkt, was ursprünglich damit beabsichtigt war.
Vielleicht hilft es, das Borkenkäfer-Problem mit der Covid-Krise zu vergleichen: Solange die Verbreitung gering ist, kann sie nachvollzogen und Betroffene behandelt werden. Kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung, hinkt man mit der Behandlung hinterher, die Verbreitung nimmt weiter zu, weshalb sie noch weniger behandelt werden kann - ein sich gegenseitig verstärkender Prozess.
Viele der beim Sturm Frederike 2018 umgefallenen Bäume wurden nicht aufgearbeitet und blieben im Wald liegen. Sie wurden zu Brutstätten für Borkenkäfer, die sich darin im Frühjahr und Sommer 2018 stark vermehren konnten.
Milde Winter, aber vor allem die außergewöhnliche Hitze und damit verbundenen Dürren der Folgejahre ließen die Borkenkäfer dann zur unkontrollierten Plage werden.
Leider ist ein Umdenken bei den Behörden nicht wirklich in Sicht. Auch wir auf dem Hümmling fanden und finden mit unseren Sorgen kaum Gehör. Wir befürchten, dass unsere Nadelwälder in naher Zukunft gänzlich verschwinden.
Was bitter wäre. Nicht nur für uns, sondern auch für Umwelt- und Naturschutz. Denn Bauholz wird ja nach wie benötigt, der Trend nimmt sogar wieder zu. Im Gegensatz zu Stein und Beton erfährt Holz aufgrund seiner positiven Klimabilanz als nachwachsender Baustoff wachsende Beliebtheit.
In der aktuellen Käfer-Klamität hilft nur, sämtliches Schadholz zu fällen und aus dem Wald zu entfernen, um damit die Vermehrung der Käfer zu unterdrücken. Was nur mit großem Maschineneinsatz möglich ist, was wiederum große Kosten verursacht, die nicht durch Einnahmen gedeckt werden können, weil das Käferholz den Markt überschwemmt.
Auch so ein sich gegenseitig verstärkender Prozess.
Die Notmaßnahmen ändern den Wald und damit die Landschaft. Große Flächen sind nun kahl.
Es wird sich aber noch mehr ändern, denn es ist die Aufgabe der heutigen Waldbesitzer, zukünftigen Generationen einen Wald zu hinterlassen, der nicht von Stürmen oder Käferplagen dahingerafft wird.
Die große Frage ist, welche Bäume geeignet sind, die voraussichtlichen Klimaänderungen ohne große Schäden zu überleben.